Spielregeln für Stubentiger

Penelope schien von Papier regelrecht besessen zu sein. Ihre Besitzer hatten ihr oft Papierstücke zusammengeknüllt, die sie dann herumkickte. Doch aus dem Lieblingsspiel wurde rasch eine Unart, kein Stückchen Papier war mehr vor ihr sicher, Zeitungen wurden zerfetzt, Briefe angeknabbert, Toilettenpapierrollen restlos verwüstet. Die von den verzweifelten Besitzern gerufene Katzenpsychologin Pam Johnson wußte sehr schnell die Diagnose: Langeweile! Um Penelopes Langeweile zu kurieren, schlug sie den Besitzern, beide berufstätig, vor, sich eine zweite Katze anzuschaffen. Außerdem empfahl sie, regelmäßig Spielstunden: “Mindestens zwei Spielzeiten pro Tag, jeweils 15 Minuten lang”. Den Einwand, keine Zeit zu haben, wischte sie vom Tisch mit dem Vorschlag: “Nehmen sie die halbe Stunde, die sie pro Tag brauchen, um das Papier wegzuräumen, das Penelope zerfetzt hat”. Es gibt eben keine bessere Therapie für gelangweilte Stubentiger als Spielen. Wenn sie nicht die Möglichkeit zur Mäusejagd haben, müssen sie ihre aufgestaute Jagdlust mit Beutefang-Spielen abreagieren können: Lauern, Schleichen, Anspringen, mit den Pfoten schlagen, Festhalten und mit der Schnauze packen.

Raufspiele bringen Abwechslung und Spaß

Darum brauchen sie Verstecke wie Zeitungsdächer, Körbe und Kartons, Klettermöglichkeiten, kullerndes Spielzeug oder eins an dessen anderem Ende ein Mensch agiert. Auch Raufspiele bringen Abwechslung und Spaß in den Katzenalltag, in denen die menschliche Hand-welche die Katze umwirft, auf den Rücken dreht, sich ihrerseits überfallen läßt-eine Mitkatze ersetzt. Für Jungtiere ist das Spiel geradezu lebensnotwendig, erklärt Katzenforscherin Mircea Pfleiderer: “Sie müssen sich nicht nur beschäftigen oder heranreifende Antriebe und Bewegungsmuster entwickeln, sondern sie lernen dabei auch vieles über die Eigenschaften von kleinen und großen Gegenständen, was man mit ihnen anstellen kann und was nicht und welche Überraschungen man mit ihnen erleben kann, wenn man es ungeschickt anstellt.” Der entscheidende vom Beutetier ausgehende Schlüsselreiz, auf den das unerfahrene Kätzchen wartet, ist eine möglichst geradlinige Fortbewegung. Gleichgültig, ob ein Ball oder eine Maus davonläuft, es muß einfach hinterher. Auch knisternde Geräusche regen zum Beutefang an. Kein Spiel ohne Regeln, auch für Katzen nicht. Das Wichtigste: Es ist nicht alles erlaubt, was gefällt. Es wäre nämlich ein Fehler, der Katze keine Grenzen zu setzten, sie brauchen verbotene Zonen, die ihr die Reviergrenzen ersetzen. “Der Esstisch, ein neues Sofa, die Küchenanrichte, das Schlafzimmer oder die gute Stube können tabu sein”, sagt Dr. Mircea Pfleiderer: “Ein Schlafzimmer beispielsweise, das tagsüber der Katze verschlossen bleibt, ist nachts um so begehrterer Aufenthaltsort, eben weil sie sonst nicht rein darf.”

Regeln kann man nach Katzenart klarmachen

Unbedingte Konsequenz wie bei der Hundeerziehung ist übrigens nicht nötig. Wenn sie ihren Liebling solche Spielregeln verständlich machen? An Professor Leyhausen könnte man sich ein Beispiel nehmen, wie er es in seinem Buch “Katzenseele” beschrieb: ”Kater Sandor, sonst wohlerzogen, übertrat manchmal das Verbot, auf dem Bett zu liegen. War er noch in Sichtweite, konnte man ihm auf kätzisch leicht verständlich machen, daß man seine Tat mißbillige. Katzen schnüffeln ausgiebig an Plätzen, wo andere Katzen gelegen oder gegessen haben. In gleicher Weise beschnüffelte Sandors Mensch den verbotenerweise benutzten Liegeplatz des Katers und starrte diesen dann streng an. Sandor starrte kurz zurück, verließ totbeleidigt das Zimmer.” Natürlich wird ihre Katze ihre Verbote übertreten. Und sie wird beispielsweise die “Reviergrenzen” überschreiten, indem sie vor ihren Augen auf den verbotenen Sessel springt und sie dreist anschaut. Wenn sie ihre Katze nicht frustrieren wollen, sollten sie ab und zu auf diese Provokationen reagieren. Starren sie zurück. Sie dürfen sie sogar anfauchen. Das versteht sie. Kommunikation ist immer besser als Langeweile.

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